Demokratie

Dieser Text ist Anfang November 2020 entstanden.
Diese Zeilen sind ein Angebot kurz über Demokratie nachzudenken. Es geht um Öffentlichkeit, um die Rollen handelnder Akteure, deren Verständnis für Demokratie – und es geht um Wahrheit.

Ich behaupte: Demokratie ist wertvoll. Demokratie sichert jedem einzelnen von uns die größtmögliche Freiheit zu leben, sich zu entwickeln und zu verwirklichen. In einer Demokratie aufwachsen zu können ist ein Geschenk, und wie wir im vergangenen Jahrzehnt mit Blick über unsere Grenzen und in die Welt gelernt haben, ein vermutlich sogar sehr sehr großes Geschenk. Viele Menschen meiner Generation, also Menschen, die in 50er und 60er Jahren geboren sind, haben diese Demokratie Zeit ihres Lebens genießen dürfen, manches Mal – da schließe ich mich nicht aus – eventuell nicht immer so wertgeschätzt, wie die Demokratie das verdient hat.

Auf unsere Demokratie müssen wir aufpassen. Wir alle müssen pfleglich mit ihr umgehen. Denjenigen, die nicht pfleglich mit der Demokratie umgehen oder sie gar beschädigen, den müssen wir klar und deutlich sagen: Halt, so nicht, und wir müssen sie fragen: Moment mal, was passiert denn da gerade? Das müssen wir besonders deutlich denen sagen, denen wir – die Wähler und Steuerzahler – Verantwortung übertragen haben und die dieser Verantwortung nicht oder nicht immer gerecht werden.

„Halt, so nicht“ und „Moment mal“ – das müssten wir viel öfter sagen. Wir müssten öfter nachfragen. Das erklären sie uns doch bitte noch mal genauer und und ganz genau und bitte ohne irgendwelche Tricks, Ausflüchte, Geheimhaltungsfantasien, Inszenierungen und Angriffe gegen die, die ihre Arbeit machen – zum Beispiel Journalisten. Es gibt Redakteure und Zeitungen und Blogs und Initiativen, die verlässlich und zuverlässige Medienstücke liefern, die das machen, was ihre Aufgabe ist. Sie machen ihren Job, und sie werden ihrer Rolle gerecht; eine Rolle, die in diesem Staat seit 70 Jahren verankert ist. Die Redakteure stellen Öffentlichkeit her, sie stellen viele richtige Fragen, und sie dürfen erwarten, dass diese Fragen angemessen und wahrheitsgemäß beantwortet werden, auch wenn diese Fragen nicht immer angenehm sind.

Demokratie bekommt immer dann Dellen, wenn sie in Hinterzimmern oder Hinterhöfen ausgetragen wird. Demokratie funktioniert vor allem dann nicht, wenn diejenigen, die wir als unsere Stellvertreter gewählt haben und dafür bezahlen, sich nicht mehr nur als unsere Stellvertreter verstehen. Es gibt dafür in 70 Jahren Bundesrepublik viele Beispiele.

Unsere Demokratie lebt von Regeln, und davon, dass wir diese Regeln einhalten. Sie lebt von dem definierten Miteinander, auf das wir uns verständigt haben; sie lebt von Transparenz und von Kontrolle; von Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheiten und Verlässlichkeit; sie lebt aber vor allem von Wahrheit. Über Wahrheit lässt sich nicht streiten; Wahrheit ist immer objektiv. Es gibt keine zwei Wahrheiten, so einfach ist das.

Wahrheit hat mit Image nichts zu tun. Es ist wichtig, dass wir – gerade in der Zeit, in der Social Media unsere Wahrnehmung verändert – die Wahrheit im Blick behalten. Nicht das Bild, das wir von einer Sache haben oder das andere uns weismachen, aufdrücken oder gar vorgaukeln wollen, zählt, sondern die Wahrheit. Wahrheit kümmert sich nicht um Imageschäden. Es ist deshalb zu allererst wichtig darüber nachzudenken, was passiert ist, was wahr ist und nicht darüber, wie es nach außen aussieht. Auch das gilt für uns alle; das gilt für die Journalisten, die Öffentlichkeit herstellen, es gilt für die handelnden Akteure, es gilt für die, die Politik zu ihrem Beruf gemacht haben. Wer sich in einer Demokratie nicht an die Wahrheit hält, der hat zurecht ein Problem oder bekommt eins.

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